Videoüberwachung durch Private

Der Mieter A. wendet sich an den Datenschutzbeauftragten, weil er sich darüber aufregt, dass die Vermieterin B. im Treppenhaus beim Lifteingang eine Videokamera installiert hat, die alle Personen aufnimmt, welche den Lift betreten oder ihn verlassen.
Sobald die Personen auf den Aufnahmen erkennbar sind, handelt es sich um ein Bearbeiten von Personendaten durch eine Privatperson. Auf dieses Datenbearbeiten ist nicht das kantonale Informations- und Datenschutzgesetz anwendbar, sondern das Bundesdatenschutzgesetz. Dementsprechend ist auch nicht der kantonale Datenschutzbeauftragte zuständig, sondern der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB).

Videoaufnahmen verletzen die Persönlichkeitsrechte der aufgenommenen Person – widerrechtlich ist das (nur) dann nicht, wenn ein Gesetz, ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder die Einwilligung der aufgenommenen Personen die Aufnahme rechtfertigt.

Im Kanton Basel-Stadt existiert kein Gesetz, das eine private Videoüberwachung rechtfertigt. Auch wird es in aller Regel unmöglich sein, von allen betroffenen Personen vorgängig eine Einwilligung einzuholen. Somit bleibt zur Rechtfertigung einzig ein überwiegendes Interesse. Reiner «Gwunder», wer sich irgendwo bewegt, vermag gegenüber den Persönlichkeitsschutzinteressen der aufgenommenen Personen regelmässig nicht zu überwiegen – anders als etwa Sicherheitsinteressen. Allerdings genügt ein diffuses «allgemeines Sicherheitsinteresse» nicht. Es muss ein konkretes Sicherheitsinteresse vorliegen, etwa aufgrund der konkreten Gegebenheiten (z.B. bei Bancomaten im Eingangsbereich einer Bank).

Auch wenn eine Videoüberwachung gerechtfertigt werden kann, muss ihr Einsatz verhältnismässig sein. Das ist er nur, wenn mit weniger in die Persönlichkeitsrechte eingreifenden Mitteln (z.B. mit besserer Beleuchtung, zusätzlichen Verriegelungen, Verstärkungen der Eingangstüren, Installation eines Alarmsystems) der angestrebte Zweck – mehr Sicherheit – nicht erreicht werden kann. Ausserdem muss sich der Aufnahmebereich auf das zur Zweckerreichung Notwendige beschränken und müssen die konkreten Modalitäten des Betriebs (z.B. Live-Übermittlung und Auswertung der Aufnahmen oder blosse Aufzeichnung, regelmässige Auswertung der Aufzeichnungen oder bloss bei bestimmten Vorkommnissen, Begrenzung der Personen, die auf die Aufnahmen zugreifen können, Löschung der Aufzeichnungen usw.) angemessen sein.
Die Durchsetzung geschieht auf privatrechtlichem Weg, also über eine Klage beim Zivilgericht – mit entsprechendem Kostenrisiko. Der Datenschutzbeauftragte empfiehlt, vorher das Gespräch mit der Betreiberin zu suchen.

Personen, die sich wegen privater Videoüberwachung an ihn wenden, berät der Datenschutzbeauftragte über ihre Rechte und stellt ihnen den Link zu den Merkblättern des EDÖB zu. Für weitere Informationen muss er sie dann an den EDÖB verweisen.

Ergebnis

Wenn Privatpersonen eine Videoüberwachungsanlage betreiben, gilt das Bundesdatenschutzgesetz. Zur Rechtfertigung des Einsatzes von Videoüberwachung braucht es ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse (z.B. Sicherheitsinteresse). Die Videoüberwachung muss aber auch verhältnismässig sein; zuerst sind deshalb Massnahmen zu ergreifen, die weniger stark in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen eingreifen.

 

Anmerkung

Dieser Fall ist mit Quellennachweisen im Tätigkeitsbericht 2013 publiziert (dort Fall 3, S. 36). Tätigkeitsbericht 2013