Videoüberwachung: Wenn die Kameras nun schon mal da sind

Gewisse Schalterbereiche von öffentlichen Organen werden mit Videokameras überwacht, damit potentiell gewalttätige Personen von ihren Taten abgehalten und Zwischenfälle aufgeklärt werden können. Wenn die Kameras nun mal schon da sind: Dürften die Aufzeichnungen auch in allfälligen arbeitsrechtlichen Streitigkeiten genutzt werden?

Eine Dienststelle lässt nach verschiedenen Vorfällen mit gewalttätigen Kundinnen und Kunden den Schalterbereich und einen Teil der Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterbüros gestützt auf § 17 IDG mit Videokameras überwachen. Diese Kameras dienen dem Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. der Aufklärung allfälliger Übergriffe auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was auch im Reglement zum Betrieb der Kameras (§ 18 Abs. 1 IDG) so festgehalten ist.

Wenn nun die Videoüberwachung schon mal eingerichtet ist, kommt die Frage auf, ob diese Aufzeichnungen auch genutzt werden dürften, wenn beispielsweise der Verdacht laut würde, dass einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeitszeit nicht zur Erfüllung ihrer Aufgaben nutzen, sondern ausgedehnte Pausen, Besuche in anderen Büros oder sogar Nickerchen machen. Wäre es zulässig, die Bilder stichprobenweise und bei begründetem Verdacht auf die mangelnde Arbeitsleistung der Mitarbeitenden auszuwerten? In einem Disziplinarverfahren wären die Aufzeichnungen ein ideales Beweismittel.

Das IDG lässt keinen Spielraum für einen anderen als den in § 17 umschriebenen Einsatz der Kameras. Der Wortlaut ist abschliessend gefasst. Würden die Bilder, welche zum Schutz von Personen und Sachen vor strafbaren Handlungen bzw. zur Verfolgung solcher Taten angefertigt wurden, in einem Disziplinarverfahren wegen mangelndem Arbeitseinsatz oder übermässigem «Pausenmachen» genutzt, so stellte dies eine Zweckänderung dar. Unter dem Titel «Zweckbindung» legt das IDG fest, dass Personendaten nur zu dem Zweck bearbeitet werden dürfen, zu dem sie erhoben worden sind, «soweit nicht eine gesetzliche Grundlage ausdrücklich eine weitere Verwendung vorsieht oder die betroffene Person im Einzelfall einwilligt».

Soll Videoüberwachung eingesetzt werden, um kontrollieren zu können, ob die Mitarbeitenden arbeiten, dann müsste dafür zuerst eine separate gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Dabei müsste vor allem die Verhältnismässigkeit kritisch geprüft werden. Ausserdem enthält die Arbeitsverordnung, die auch für die öffentlichen Arbeitgeber gilt, ein Überwachungsverbot bezüglich des Verhaltens der Angestellten. Sind Überwachungs- oder Kontrollsysteme aus andern Gründen erforderlich (wie beispielsweise zur Vermeidung von Straftaten), sind sie so zu gestalten und anzuordnen, dass die (psychische) Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dadurch nicht beeinträchtigt wird. Statt eines Systems, das immer aufzeichnet, wären mit einem System, das nur aufzeichnet, wenn und solange beispielsweise eine Kasse oder ein Betäubungsmittelschrank geöffnet ist, der Verhältnismässigkeit eher Rechnung getragen.

Ergebnis

Das IDG erlaubt den Einsatz von Videokameras ausschliesslich zum Schutz von Personen und Sachen vor strafbaren Handlungen beziehungsweise zur Verfolgung solcher strafbarer Handlungen. Die Überwachung des Arbeitsplatzes im Sinne einer Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterüberwachung für den Fall arbeitsrechtlicher Streitigkeiten ist davon nicht erfasst und daher ohne separate gesetzliche Grundlage unzulässig.

Anmerkung

Dieser Fall ist mit Quellennachweisen im Tätigkeitsbericht 2009 publiziert (dort Fall 1, S. 24). Tätigkeitsbericht 2009

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