Prüfungsnoten im Internet

Rasch und «transparent»: Wer an der Universität eine Prüfung absolviert, konnte bei bestimmten Instituten die Note im Internet nachschauen – auf einer Liste mit Namen und Noten. Das konnten natürlich auch alle anderen, und dies auch noch lange Zeit später. Ebenso waren Namen und Adresslisten der Teilnehmerinnen und Teilenehmer an Seminaren für jedermann/jedefrau sichtbar. Ist das zulässig?

Per Zufall stellte ein ehemaliger Studierender der Universität fest, dass auf den Seiten seines Instituts noch immer Prüfungsergebnisse einer längst vergangenen Prüfungssession sowie Teilnehmerlisten von Seminaren einsehbar waren. Er wandte sich an die Ombudsstelle der Universität mit der Bitte, sich der Sache anzunehmen. Der Datenschutzbeauftragte beurteilte den Stand der Dinge in der Folge gemeinsam mit der Ombudsstelle.

Werden Prüfungsergebnisse publiziert, so stellt dies eine Datenbekanntgabe dar, welche einer gesetzlichen Grundlage bedarf (§ 21 IDG). Der «Bildungsauftrag» der Universität genügt in diesem Falle nicht als Grundlage für eine solche Publikation. Mangels anderer gesetzlicher Grundlagen ist eine Publikation von Prüfungsergebnissen daher aus datenschutzrechtlicher Sicht unzulässig.
Sollte eine gesetzliche Grundlage für die Publikation der Ergebnisse geschaffen werden, so müsste die Bekanntgabe immer noch verhältnismässig sein. Es dürfte also kein milderes Mittel geben, welches zum gleichen Ziel führen würde. Hier stellt sich die Frage, ob das bereits bestehende System «MOnA» (My Online Account) nicht sinnvoller/konsequenter genutzt werden könnte. Bei diesem System können sich die Studierenden in ihr persönliches Konto einloggen und sehen dort ihre Noten – sie sehen nur ihre Noten und auch nur sie können diese sehen. Einzelne Fakultäten (z.B. die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät) veröffentlichen Prüfungsergebnisse schon heute ausschliesslich über MOnA.
Aus der Sicht des Datenschutzbeauftragten besteht kein Gewinn, wenn die Resultate auf MOnA und auch noch als Liste im Internet veröffentlicht werden sollen. Wer sich eine Liste im Internet anschaut, kann sich auch bei MOnA einloggen.

Sollte die Universität der Ansicht sein, dass die Publikation von Notenlisten im Internet – parallel zu MOnA – unverzichtbar sei, so müssen die Ergebnisse zumindest pseudonymisiert werden. Pseudonymisiert heisst, dass anstelle des Namens ein «Schlüssel» verwendet wird, in der Regel eine Nummer. Auch dieses System wird bereits an einzelnen Instituten angewandt: Dabei erhält jede Studentin und jeder Student mit jeder Prüfung eine spezifische Nummer, welche dann – anstelle der immer gleich bleibenden Matrikelnummer – auf den Listen mit den Prüfungsresultaten erscheint. Wenn pro Prüfung eine andere Nummer vergeben wird, kann eine Drittperson auch nicht durch Kombination zurückverfolgen, wer welche Noten erzielt hatte. Ausserdem müssen Notenlisten nicht «ewig» öffentlich einsehbar bleiben. Im Sinne des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes ist die Publikation zeitlich zu beschränken.

Ähnliches gilt auch für die Veröffentlichung von Listen mit Seminarteilnehmenden. Derzeit besteht keine gesetzliche Grundlage, welche die Publikation solcher Listen (üblicherweise Name, Adresse, Telefonnummer, E-Mail und bearbeitetes Thema) rechtfertigen würde. Auch erscheint eine Publikation im Internet unverhältnismässig, würde es doch ausreichen, den Teilnehmenden eine solche Liste per E- Mail zuzusenden oder ausgedruckt auszuhändigen. Möchte eine Seminarleitung die Listen gleichwohl rund um die Uhr und für die Teilnehmenden überall auf der Welt zugänglich machen, so bietet sich die Ablage auf einer passwortgeschützten Seite der Universität bzw. des Instituts an. Und auch dort gilt: Die Informationen müssen nicht über ein Semester hinaus online abrufbar bleiben. In der Regel können Unter- lagen später wenn nötig bei den Instituten bezogen werden.

Ergebnis

Die Universität nahm diesen Vorfall und die vom Datenschutzbeauftragten vorgelegten Denkanstösse zum Anlass, die (studentische wie auch fakultäre) Internetnutzung zu überdenken und aussagekräftigere Regelungen auszuarbeiten.
Prüfungsergebnisse und Listen von Seminarteilnehmerinnen und Seminarteilnehmern stellen Personendaten dar. Sollen diese im Internet veröffentlicht werden, bedarf es einer gesetzlichen Grundlage. Abgesehen davon ist es nicht erforderlich und deshalb unverhältnismässig, anderen Personen als den betroffenen die Noten namentlich zugänglich zu machen. Die Listen dürfen zudem nicht im Internet «vergessen» werden, sondern müssen spätestens nach Ablauf eines Semesters gelöscht werden.

Anmerkung

Dieser Fall ist mit Quellennachweisen im Tätigkeitsbericht 2010 publiziert (dort Fall 1, S. 26). Tätigkeitsbericht 2010

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