Die Bekanntgabe «auf Ersuchen hin»

Wer eine Liegenschaft energetisch saniert, kann vom Kanton Förderbeiträge nach Energiegesetz erhalten. Jeweils zu Jahresbeginn soll von der Energiefachstelle im AUE eine Liste mit den betroffenen Liegenschaften, den Zahlungsempfängerinnen und -empfänger sowie den im Vorjahr ausgerichteten Summen an die Steuerverwaltung geliefert werden. Anhand der Daten soll bei den Steuererklärungen geprüft werden, ob die Subventionen von den Investitionen abgezogen worden sind.

Aus § 140 Abs. 1 Steuergesetz ergeben sich zwei Tatbestände:

  • Die Verwaltungs- und Gerichtsbehörden des Kantons und seiner Gemeinden erteilen auf Ersuchen hin der Steuerverwaltung die erforderlichen Auskünfte (Satz 1).
  • Die Verwaltungs- und Gerichtsbehörden des Kantons und seiner Gemeinden können von sich aus Mitteilung an die Steuerverwaltung machen wenn nach Wahrnehmungen in ihrer amtlichen Tätigkeit die Wahrscheinlichkeit einer unvollständigen Versteuerung besteht (Satz 2).

Die beiden Tatbestände unterscheiden sich durch die Initiative zur Datenbekanntgabe: Im ersten Fall steht ein Ersuchen der Steuerverwaltung am Anfang. Im zweiten Fall werden die anderen Behörden von sich aus tätig; Voraussetzung ist allerdings ein hinreichender Verdacht («die Wahrscheinlichkeit») einer unvollständigen Versteuerung. Beim Begehren der Steuerverwaltung handelt es sich klarerweise um den ersten Fall; die Wahrscheinlichkeit einer unvollständigen Versteuerung soll nach der Vorstellung der Steuerverwaltung mitnichten Voraussetzung für die Datenbekanntgabe sein. Wird aber die vom Gesetzgeber formulierte Voraussetzung des «Ersuchens» nicht ausgehebelt, wenn mit einem Mail («… inskünftig von Ihrem Amt zu Beginn jeden Jahres eine Liste über die im zurückliegenden Jahr ausgerichteten Förderbeiträge erhalten») ein für alle Mal «ersucht» wird?

Nach der Beurteilung des Datenschutzbeauftragten kann der Gesetzgeber mit der Voraussetzung «auf Ersuchen hin» nur gemeint haben, dass auf Seiten des öffentlichen Organs, welches die Datenbekanntgabe verlangt, ein Anlass dazu vorhanden sein muss – etwa dass ein Steuerpflichtiger Sanierungsaufwendungen abziehen will, ohne dass ersichtlich ist, ob allfällige Förderbeiträge berücksichtigt sind. Hätte der Gesetzgeber eine voraussetzungslose generelle Informationspflicht der Verwaltungsbehörden gewollt, so hätte er eine entsprechend klare Regelung getroffen. Das hat er weder im Steuergesetz noch im Energiegesetz oder in der Energieverordnung getan.

Die Steuerverwaltung stellt sich auf den Standpunkt, der Passus «auf Ersuchen hin» bedeute nur, dass der Anstoss zum Amtshilfeverfahren von der Steuerbehörde ausgehen muss – im Gegensatz zu der vom Dateneigentümer «von sich aus» vorgenommenen Datenübermittlung. Die analoge Regelung im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer werde nach Praxis und Rechtsprechung nicht als Beschränkung auf den Einzelfall ausgelegt. Nicht gestattet seien einzig Suchaktionen (fishing expeditions).

Wir verstehen das Bemühen, dafür zu sorgen, dass die Steuergesetze wirkungsvoll vollzogen werden können. Wir können das Anliegen nachvollziehen, dass dort, wo der Kanton Private mit Leistungen unterstützt, diese Leistungen auch bei der Steuerveranlagung korrekt berücksichtigt werden. Wir erachten es aber weiterhin als unbefriedigend, dass verdachtsunabhängig Daten unter Behörden ausgetauscht werden, ohne dass der Gesetzgeber diesen Datenaustausch bewusst rechtfertigt. Es ist unseres Erachtens rechtsstaatlich problematisch, wenn eine Datenbekanntgabe im Rahmen der Amtshilfe ins Belieben eines öffentlichen Organs gestellt wird – ob die Steuerverwaltung ein solches «Ersuchen» stellt, ist offensichtlich völlig ihrem Ermessen anheimgestellt. Der Datenschutzbeauftragte beugt sich aber zwangsläufig der Rechtsprechung und Praxis.

Ergebnis

Die Bekanntgabe an die Steuerverwaltung «auf Ersuchen hin» ist nach Rechtsprechung und Praxis zulässig, auch wenn die Steuerverwaltung nur ein einziges Mal für alle Zukunft darum «ersucht». Wir erachten es aber als unbefriedigend, dass verdachtsunabhängig Daten unter Behörden ausgetauscht werden, ohne dass der Gesetzgeber diesen Datenaustausch bewusst rechtfertigt. Wir richten daher an alle rechtsetzenden Organe die Empfehlung, künftig unmissverständlich festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Daten bekannt gegeben werden dürfen. Wir empfehlen zudem, im Sinne des gesetzlichen Erfordernisses der Erkennbarkeit der Datenbeschaffung in den Verfügungen der Energiefachstelle einen Hinweis anzubringen, dass die entsprechenden Daten der Steuerverwaltung mitgeteilt werden.

Anmerkung

Dieser Fall ist mit Quellennachweisen im Tätigkeitsbericht 2010 publiziert (dort Fall 11, S. 36). Tätigkeitsbericht 2010

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