Der beliebte Geschenkkoffer

Eine Werbefirma will Schwangere und junge Mütter besuchen und ihnen einen «Geschenkkoffer» überreichen. Zu diesem Zweck verlangt sie von den Spitälern die Bekanntgabe der Namen, Adressen und Geburtstermine der «Zielpersonen». Die Spitäler verweigern dies jedoch aus Datenschutzgründen. Der Datenschutzbeauftragten soll nun eine «Unbedenklichkeitserklärung» zuhanden der Spitäler abgeben. Ist die Datenbekanntgabe durch die Spitäler zulässig?

Die Werbefirma stellt sich auf den Standpunkt, dass eine Schwangerschaft nicht unter das Datenschutzgesetz falle, da diese – naturbedingt – früher oder später für jedermann ersichtlich sei. Zudem erfreue sich der Geschenkkoffer bei den «Zielpersonen», den Schwangeren und «frischgebackenen Müttern» (so das Schreiben der Werbefirma), grosser Beliebtheit.

Namen und Adressen sind zweifellos Personendaten. Wenn öffentlichrechtliche Spitäler des Kantons Basel-Stadt und Privatspitäler, welchen der Kanton eine öffentliche Aufgabe übertragen hat, Personendaten bekannt geben, fällt dies in den Geltungsbereich des baselstädtischen Datenschutzgesetzes.

Personendaten dürfen bekannt gegeben werden, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht oder das Bekanntgeben zur Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe erforderlich ist. Ausserdem ist die Datenbekanntgabe von öffentlichen Organen an Private zulässig, wenn die betroffene Person ausdrücklich zugestimmt hat oder, falls sie dazu nicht in der Lage ist, die Bekanntgabe in ihrem Interesse liegt und ihre Zustimmung in guten Treuen vorausgesetzt werden darf. Ein typischer Anwendungsfall liegt vor, wenn z.B. Gesundheitsdaten für die Behandlung einer anderswo verunfallten und nicht ansprechbaren Person bekannt gegeben werden müssen.

Eine Rechtsgrundlage oder eine gesetzliche Aufgabe, welche die Spitäler nur mit der Bekanntgabe von Namen und Adressen von Schwangeren und jungen Müttern an die Werbefirma erfüllen könnten, ist nicht ersichtlich. Die von der Werbefirma angeführte Beliebtheit vermag die erforderliche Rechtsgrundlage keineswegs zu ersetzen. Eine Zustimmung der betroffenen Personen kann die Werbefirma ebenfalls nicht vorweisen, sonst bräuchte sie die Bekanntgabe ja gar nicht mehr zu verlangen. Weil die die Schwangeren und jungen Mütter auch durchaus in der Lage sind, selber zuzustimmen, darf auch keine «presumptive Einwilligung» angenommen werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Datenbekanntgabe sind somit nicht gegeben.

Eine sog. Listenauskunft, wie sie neuerdings das Aufenthaltsgesetz vorsieht («Die Einwohnerkontrolle kann Privaten, nach bestimmten Kriterien geordnet, Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Adresse bekannt geben von Personen, die in der Gemeinde wohnen, wenn die Daten ausschliesslich für schützenswerte ideelle Zwecke verwendet werden …» ), erlaubt einzig der Einwohnerkontrolle die Datenbekanntgabe, nicht aber den Spitälern. Im Übrigen ist der Zweck, zu dem die Daten verlangt werden, ein kommerzieller, womit auch das Erfordernis des schützenswerten ideellen Zwecks nicht erfüllt wäre.
Hingegen wäre das folgende Vorgehen datenschutzkonform: Wenn die Spitäler von der Beliebtheit der Besuche der Damen der Werbefirma überzeugt sind, könnten sie allenfalls den Schwangeren bzw. Müttern ein Informationsblatt aushändigen. Mit einem Bestelltalon könnten diese dann selber der Werbefirma Name, Adresse und Geburtstermin bekannt geben. Allerdings kann eine Werbefirma die Spitäler nicht zu einem solchen Vorgehen verpflichten und diese werden sich gut überlegen müssen, ob sie zu solchen Marketingaktivitäten Hand bieten wollen. Ausserdem können Werbefirmen auch wie bis anhin die «Geschenkkoffer» den Spitälern, Geburtshäusern und Geburtshilfe-Praxen anvertrauen, die sie dann beispielsweise bei Beratungsgesprächen, Vorbereitungsanlässen oder nach der Geburt den Schwangeren bzw. Müttern aushändigen. So kommen diese in den Genuss der Promotionen, ohne dass ihre Daten bearbeitet werden müssen.

Ergebnis

Die Spitäler haben zutreffend festgestellt, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Bekanntgabe von Namen, Adressen und Geburtsterminen von Schwangeren und jungen Müttern nicht gegeben sind.

Anmerkung

Dieser Fall ist mit Quellennachweisen im Tätigkeitsbericht 2010 publiziert (dort Fall 8, S. 33). Tätigkeitsbericht 2010

nach oben