Datenschutz-Basilisk (9): Zugang zu den eigenen Personendaten – uneingeschränkt?

Jede Person hat Anspruch auf Zugang zu ihren eigenen Personendaten. Die Verwaltungsstelle muss ihr also Einsicht gewähren – aber darf sie ihr einfach alle Dokumente aus ihrem Dossier kopiert zustellen? Nicht, ohne die Daten vorher zu prüfen!

«Nundefahne schon wieder einer, der Zugang zu seinen Personendaten will», stöhnt Felix Odermatt. Er hat bigoscht Gescheiteres zu tun, als Akten zu kopieren.

«Oh du Armer!», hat Ingrid Moser mit ihm Mitleid. «Ein ganzer Ordner voll von Dokumenten! Lieber du als ich ...»

«Wenigstens besteht das Dossier ausschliesslich aus A4-Blättern. Da kann man das Ganze locker in den Kopierer stecken und die Kopien zum Verschicken einfach verpacken», tröstet sich Felix Odermatt.

«Du steckst einfach alles in den Kopierer?», tönt es von der Türe her.

«Klar», gibt Felix Odermatt rasch Antwort und dreht den Kopf, um zu sehen, wer diese Frage gestellt hat. Hoppla – der Datenschutz-Basilisk!

«Gibst du diesem Gesuchsteller Kopien vom ganzen Dossier?», fragt dieser.

«Aber sicher! Er hat nach dem Informations- und Datenschutzgesetz einen Anspruch darauf – das solltest du doch wissen!», gibt Felix Odermatt zurück.

«Gewiss hat er einen Anspruch, zu den eigenen Personendaten Zugang zu erhalten. Aber sagt das Informations- und Datenschutzgesetz vielleicht noch etwas anderes?»

«Ich muss die Kopien spätestens innert eines Monats senden – das weiss ich auch», meint Felix Odermatt.

Ingrid Moser kommt ihm zu Hilfe: «Du musst noch prüfen, ob du wirklich alles herausgeben musst.»

«Klar muss ich das ...»

«Ich meine eigentlich: ob du ihm alles herausgeben darfst!», präzisiert Ingrid Moser.

«Genau», unterstützt sie der Datenschutz-Basilisk. «Vielleicht gibt es ja auch Gründe, warum du etwas geheim halten musst.»

Felix Odermatt wird langsam etwas ungeduldig: «Und was soll ich ihm nicht zeigen dürfen?!»

Geheimhaltungsinteressen?

«Stell dir einmal vor, im Dossier steht drin, wann auf einer Baustelle die nächste Schwarzarbeitskontrolle stattfinden soll oder wann der Lebensmittelinspektor die Küche eines Restaurants kontrollieren wird. Hast du das Gefühl, die Kontrolle würde Sinn machen, wenn das Baugeschäft oder der Wirt das genau wüssten?»

«Also gut», sieht Felix Odermatt ein, «das sind öffentliche Interessen. Da weiss jedes Amt, worum es geht, und kann das berücksichtigen.»

«Das ist aber nicht immer so, es gibt auch noch andere Gründe, weshalb man nichts sagen darf!», wirft Ingrid Moser ein. «Wir hatten kürzlich in einem Dossier die Aufforderung der Staatsanwaltschaft, bestimmte Akten herauszugeben.»

«Und was soll da anders sein?»

«Wir wissen doch nicht, ob es bei der Staatsanwaltschaft möglicherweise Gründe gibt, dass der Betroffene das, was im Bericht steht, nicht oder noch nicht erfährt.»

«Genau», unterstützt sie der Datenschutz-Basilisk. «Und wie findest du das heraus?»

«Bei uns stand in dieser Aufforderung, dass wir den Betroffenen nicht informieren dürfen. Und wenn das nicht schon im Bericht stünde, müssten wir wohl bei der Staatsanwaltschaft nachfragen», weiss Ingrid Moser.

«Richtig. Aber neben solchen öffentlichen Geheimhaltungsinteressen kann auch noch etwas anderes dagegen sprechen, der betroffenen Person alle Daten über sie herauszugeben.»

«Private Geheimhaltungsinteressen?», rät Felix Odermatt. Aber warum sollte ich etwas dagegen haben, dass man mir Daten über mich herausgibt?»

«Vielleicht nicht du, aber jemand anderes», erklärt der Datenschutz-Basilisk. «Wenn jemand etwas über mich erzählt, dann sind das sicher einmal Daten über dich, aber natürlich auch über ihn: Wer erzählt etwas über dich? Warum? Wie – schildert er sachlich Tatsachen oder wirft er dir unsachlich oder emotional irgendwelche dunklen Absichten vor?»

«Das ist ja unheimlich schwierig – wie soll ich jetzt wissen, was ich tun soll?», fragt Felix Odermatt.

«Auf jeden Fall nicht einfach unbesehen alle Akten kopieren und rausgeben!», lächelt Ingrid Moser – das ist die Retourkutsche, weil er ihr gestern vor der Chefin einen Fehler vorgehalten hat.

Abwägung

«Da hat sie recht», meint der Datenschutz-Basilisk. «Du kommst nicht darum herum, jedes Dokument genau anzuschauen und zu prüfen, ob eventuell öffentliche oder private Geheimhaltungsinteressen bestehen. Und dann musst du eine Abwägung vornehmen: Was überwiegt – das Interesse des Gesuchstellers, zu wissen, was über ihn in den Akten steht, oder das Geheimhaltungsinteresse?»

«Aber du kannst ihm den Aufwand dafür ja in Rechnung stellen», tröstet Ingrid Moser ihren Kollegen.

«Das stimmt nicht – das weiss ich jetzt aber», interveniert Felix Odermatt, fast schon wieder ein wenig triumphierend. «Im Gesetz steht, dass beim Zugang zu den eigenen Personendaten keine Kosten auferlegt werden dürfen!»

Schmunzelnd überlässt der Datenschutz-Basilisk die beiden ihrem Geplänkel …